die textur   freier   gedanken-   räume

Ein Beitrag von Bahdja A. Maria Fix

Für das sozialpolitische Label Claire Common zu schreiben, ist mir eine große Freude und Ehre, da ich die Arbeit der gleichnamigen Designerin sehr schätze.

Endlich, dachte ich mir, gibt es ein Mannheimer Modelabel, das sich Gedanken über gesellschaftspolitische Fragen macht! Ein Label, das mit seiner Mode Barrierefreiheit sinnlich erfahrbar machen möchte.

Denke ich an Barrierefreiheit, fallen mir all die Barrieren ein, die ein Leben hier und heute mit sich bringt:

– Gesellschaftliche/soziale Barrieren wie Ausgrenzung, Body Shaming, Diskriminierung, Othering, Sexismus, Rassismus,

– Barrieren durch die Gestaltung des (öffentlichen) Raums und unserer Lebensumwelt, die bei weitem mehr Menschen beeinträchtigen als jene mit diesem Label Versehenen,

– neue Barrieren für das Individuum und die Gesellschaft gleichermaßen durch die vermeintliche Grenzenlosigkeit des world wide web und Social-Media-Kanälen,

– Sonderförderung für erwiesene Ausnahmetalente und nicht für die, die es dringender bräuchten,

– die Aberkennung von mentaler Diversität aufgrund von Kategorisierungen wir gesund und krank

Diese Auflistung ist bei weitem nicht abschließend. Und so schmerzt es mich, dass freie Gedankenräume in vielen Bereichen kaum möglich sind, zu geübt sind wir in Selbstzensur. So sehr, dass uns gedankliche Barrieren kaum mehr bewusstwerden. Überall gibt es Verknüpfungen und Verstrickungen zu bedenken, sei es im politischen, privaten oder im Arbeitskontext.

Ich frage mich: was ist Barrierefreiheit überhaupt? Wie ist sie beschaffen, was möchte sie, was kann sie, was hoffen wir durch sie zu erreichen? Kann sie ohne Gedankenfreiräume überhaupt wirklich existieren?

Barrierefreiheit und Inklusion scheinen ein gutes Paar zu sein, denn die eine findet man kaum ohne die andere. Das Wort Inklusion mag ich. Das Einbezogensein, die Möglichkeit gleichberechtigter Teilhabe sind wunderbare Konzepte. Wie Inklusion im gesellschaftlichen Diskurs verwendet wird, mag ich nicht. Es ärgert mich. Die ihr durch den gesellschaftlichen Diskurs schleichend eingearbeitete Barriere macht sie kalt, berechnend, brüchig. Inklusion sollte sich auf alle Menschen beziehen, die Gefahr laufen, exkludiert zu werden. Gründe für Ausgrenzungen gibt es leider zu viele. Inklusion nur in Bezug auf eine wie auch immer beschaffene körperliche oder geistige Eigenschaft anzurufen, finde ich heuchlerisch, herablassend und gönnerhaft.

Sind es nicht die Orte, die Gegenstände, die gesellschaftlichen Normen, die Systeme, die beeinträchtigen und Menschen zu etwas werden lassen, das sie nur im Zusammenspiel mit jenen sind? Ist der Mensch wertfrei nicht einfach der, der er ist? Oder die, zu der sie aufgrund der äußeren Umstände und des Systems, in dem sie sich befindet ein Stück weit gemacht wird? Ist jede Person nicht einfach nur perfekt in ihrer Unvollkommenheit?

Die Sozialisation von uns Menschen spielt eine große Rolle. Haben wir, egal wo wir herkommen, eine barrierefreie Gedankenpraxis nicht gelernt – und sei es auch nur mit sich selbst oder im kleinen, vertrauten Rahmen – berühren uns Aussagen wie dem freien Geiste oder semper apertus nur auf intellektueller Ebene. Klingt dabei nichts in unserer Geisteshaltung an, werden uns offene Räume, wie sie Philosophie, Mystik oder Spiritualität anbieten können, verschlossen bleiben.

Aber genau das tut mehr denn je Not: Mutig, experimentierfreudig, spielerisch mit Menschen ins Gespräch zu kommen über Themen, die unsere Gesellschaft ein Stück barrierefreier machen können. Stofflich wie energetisch. Ich bin bereit, seid Ihr es auch?

 

barrierefrei

wertfrei willkommen

geliebt

zugehörig unvoreingenommen

Chancen gleich Aufrichtigkeit

Lachen.

Frei von Dichotomien

und Oppositionspaaren

 

keine unumstößlichen Wahrheiten

Normen sind

Vorstellungen

Normen als

Hilfsmittel

keine unumstößlichen Wahrheiten

 

Sinnliche Inklusion

einer selbstvertretenden Gemeinschaft,

der integrierenden Vielfalt.

Sinnliche Inklusion

durch barrierefreie Veränderung.

Die Autorin

Bahdja A. Maria Fix studierte Neuere Philologien, Öffentliches Recht und Islamwissenschaften an den Universitäten Heidelberg, Bochum und Santander, ist Diversity Trainerin und schreibt u.a. Beiträge zu Diversität, Kultur, Gender, Migration und Antirassismus.

Bahdja A. Maria Fix Linkedin-Profil

„Es geht nicht darum, ob wir Diversität mögen. Sie ist unsere Gegenwart und Zukunft!“

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